WisseN: Eignungsdiagnostik

Wissen Eignungsdiagnostik Teil 5: Eckdaten klassischer normierter psychologischer Tests

Teil 5: Eckdaten klassischer normierter psycholischer tests

Definition klassischer normierter psychologischer Tests (nach Schmidt-Atzert und Amelang)

Messmethode, mit der ein (oder mehrere) psychologische/s Merkmal(e) erfasst werden soll(en). Das Vorgehen ist standardisiert inklusive Erhebung einer Verhaltensstichprobe. Das zu messende Verhalten wird durch die spezifischen im Test realisierten Bedingungen hervorgerufen. Die Variation soll weitgehend auf der Variation des zu messenden Merkmales zurückzuführen sein. Ziel ist eine quantitative Aussage zur Ausprägung des Merkmals oder qualitative Aussage zum Vorhandensein oder der Art eines Merkmals.

 

Drei Aspekte für die Beschreibung von Tests

1.  Durchführung (Art des Materials, Test-Anforderung, Protokollierung, Registrierung),

2.  Auswertung (Berechnung von Rohwerten und Normwerten)

3. I nterpretation (Verarbeitung der Ergebnisse, diagnostisches Urteil, Beitrag zur Entscheidungsfindung)

 

Was wird gemessen?
Gemessen wird objektiv überprüfbares Verhalten unter Vermeidung von impliziten Persönlichkeitstheorien (damit es nicht zu unterschiedlichen Bewertungen kommt). Das Denken wird über das Verhalten gemessen. Beispiel: Verhalten: Entscheidung für A, B oder C mir Kreuz markieren, Fragebogen ausfüllen oder Beobachtung bei Simulationen und Rollenspielen

 

Daher:
Aufgabenspezifische Verhaltensanker + festgelegte Bewertungsstufen bzw. Festlegung einer genormten Skala + Vergleichsnorm

 

Elemente der Tests

- Aufgaben oder Fragen und Reaktion darauf

- Bewertungen der Reaktionen (z.B. Antworten auf Fragen)

- Errechnung Rohwert pro Merkmal (z. B. die Summe der richtigen Antworten)

- Umwandlung Rohwert in Normwert (Normierung/Eichung)

 

Bedeutsam

- Auswahlkriterien (für welche Messgegenstände ein Verfahren anwendbar ist)

- Voraussetzungen, die gelten

- Leitlinien für die Kommunikation der Ergebnisse

 

Transparenz

Einschätzungen müssen transparent, angreifbar und widerlegbar sein 

 

Standardisierung (Vereinheitlichung)

Die Standardisierung (Anwendung unter vergleichbaren Bedingungen) gilt als Voraussetzung für den Vergleich von Ergebnissen.

 

Vollstandardisierten Verfahren

- Instruktionen

- Items (Menge, Reihenfolge, Gestaltung)

- Antwortmöglichkeiten / Abgabe der Antworten

- Auswertung (Berechnung von Rohwerten und Normwerten)

- Interpretation und Beantwortung der Fragestellung

 

Teil- oder halbstandardisierten Instrumente

- Klare Beurteilungskriterien und Schulung der Beurteiler

- Qualitative Tests, die Verhalten „provozieren“

- Qualitative Bewertung und Deutung durch eine Fachperson 

 

Gütekriterien von Tests (Definition von Lienert und Raatz)

- Wissenschaftlich fundiert

- Routinemäßige Durchführbarkeit unter Standardbedingungen

- Ermöglichung einer relativen Positionsbestimmung

- Empirische Abgrenzbarkeit (z.B. keine versteckten Merkmale und Phänomene

  wie z.B. das Unbewusste in der Psychoanalyse, sondern nur beobachtbare und messbare Eigenschaften)

- Eindimensionale und metrische Abbildung

- Freiwillige Berücksichtung der DIN 33430

- Hohe Reliabilität und Validität der Prognose 

 

Klassische Testtheorie (KTT) (Messfehlertheorie)

Der Schwerpunkt des Modells liegt auf der Zuverlässigkeit bzw. Genauigkeit einer Messung bzw. auf der Größe des jeweiligen Messfehlers. Sie versucht zu klären, wie von einem Testwert einer Person auf die wahre Ausprägung des zu messenden Persönlichkeitsmerkmals geschlossen werden kann. Die Reliabilität (Verhältnis der Varianz der wahren Werte zur Varianz der Testwerte) steht somit im Mittelpunkt der Theorie.

 

Objektivität

Die Objektivität spielt in der klassischen Testtheorie eine untergeordnete Rolle.

Die Theorie bezieht sich hauptsächlich auf Messfehler beziehen. Objektivität wird als Unteraspekt der Reliabilität aufgefasst. "Objektivität" schließt Messfehler aus, die durch den Untersuchungsleiter und die -bedingungen erfolgen können. Unterschieden wird: Durchführungsobjektivität, Auswertungsobjektivität und Interpretationsobjektivität.

 

Validität

= Anteil der Varianz, der ausschließlich auf das zu messende Konstrukt und nicht auf unsystematische, zufällige Fehler oder systematische Verzerrungen zurückgeht. Schwieriger zu schätzen als die Reliabilität, da a) Uneinheitlicher Begriff, der in der Praxis durch sehr viele verschiedene Arten von Kennziffern geschätzt werden kann, b) Aspekte, die sich quantitativ nicht erfassen lassen (zumindest ist dies nicht üblich). Unterscheidungen: Inhaltsvalidität, Konstruktvalidität, Diskriminante und konvergente Validität, Kriteriumsvalidität, Retrospektive Validität, Konkurrente Validität, Prädiktive Validität 

 

Reliabilität

= Zuverlässigkeit = Maß für die formale Genauigkeit bzw. Verlässlichkeit wissenschaftlicher Messungen und zugleich Gütekriterium für empirische Untersuchungen und psychologische Tests. Sie gibt an, wie genau ein Persönlichkeits- oder Verhaltensmerkmal gemessen wird.

Sie umschreibt den Anteil an der Varianz, der durch tatsächliche Unterschiede im zu messenden Merkmal und nicht durch Messfehler erklärt werden kann. Hochreliable Ergebnisse müssen weitgehend frei von Zufallsfehlern sein. Bei Wiederholung der Messung unter gleichen Rahmenbedingungen würde das gleiche Messergebnis erzielt werden (Replizierbarkeit von Ergebnissen unter gleichen Bedingungen). Hohe Reliabilität ist eine Voraussetzung für hohe Validität, wobei eine zu hohe Reliabilität zu Lasten der Validität gehen kann (Reliabilitäts-Validitäts-Dilemma).

 

Reliabilität umfasst drei Aspekte:

- Stabilität (Gleichheit / Ähnlichkeit der Messergebnisse bei Anwendung zu unterschiedlichen Zeitpunkten)

- Konsistenz (Ausmaß, nach dem alle Items, die in einem Test zu einem Merkmal zusammengefasst werden, dasselbe Merkmal messen)

- Äquivalenz (Gleichwertigkeit von Messungen)

 

Schätzverfahren zur Ermittlung der Reliabilität

- Split-Half-Reliabilität (historisch) + Verallgemeinerung der Split-Half-Reliabilität 

- Test-Retest-Reliabilität(Test-Korrelation zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten) 

- Paralleltest-Reliabilität

- Interrater-Reliabilität

 

Weitere Modelle/Testtheorien

- Probabilistischen Testtheorie

- Alternative psychometrische Modelle

- Latent-Trait Theorien (z.B. Rasch-Modell)

 

Anzahl psychologischer Tests

Mehrere Tausend

 

Arten psychologischer Tests

- Urteilstests

- Persönlichkeitstests

- Deutungstests 

- Interpretationstests

- Leistungstests

- Intelligenztests

- Gedächtnistests

- Aufmerksamkeitstests

- Konzentrationstests

- Stressbelastungstests

- Lernfähigkeitstests

- Motivationstests

- Motivtests

- Interessentests

- Kreativitätstests

- Sozialkompetenztests

- Eignungstests

- Entwicklungstests

- Schulreifetests

- Tests zur Identifikation psychischer Störungen

- Fragebögen

usw.

 

Beispiele bekannter konkreter Tests:

- FAKT II - Frankfurter Adaptiver Konzentrationsleistungs-Test

- d2-C - Aufmerksamkeits-Belastungs-Test

- IST-2000R - Intelligenzstrukturtest 2000R
- HAWIE / HAWIK - Hamburg-Wechsler-Intelligenztest

- Eysenck-Intelligenztest (Eysenck)

- 16PF-R - 16-Persönlichkeits-Faktoren-Test

- BOMAT-ADV - Bochumer Matrizentest - Advanced

- BIP - Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (Hossiep & Co.)

- FPI-R - Freiburger Persönlichkeitsinventar von Fahrenberg

- Minnesota Multiphasic Personality Inventory von Hathaway und McKinley 

- APM Advanced Progressive Matrices (Raven& Court)

- ASK Analyse des Schlussfolgernden und Kreativen Denkens (Schuler & Hell)

- Achievement Motivation Inventory (Schuler, Thornton III, Frintrup, Mueller-Hanson)

- ABGS Arbeitsbezogene Belastbarkeits- und Gewissenhaftigkeitsskalen 
  zur Erfassung der 2 entscheidenden Big-Five-Faktoren im beruflichen Kontext (Moldzio, Peiffer, Dreier, Gergovska, Reiner, Felfe)

- BPM - Bonner Postkorb-Module „CaterTrans“ und „Chronos“ (Musch, Rahn, Lieberei)

- Adams Identitätsstatus-Fragebogen (Kapfhammer)

- Formdeute-Versuch von Rorschach (Rorschach-Test)

- HIT-Holtzman-Inkblot-Technik
- Abstrakte-Bilder-Test
- TAT-Thematic-Apperception-Test (von Murray & Morgan)

- Objekt Relations-Technique

- IB-SK-Test (Sozialkompetenz)
- Picture-Frustrations-Test

- Wartegg-Zeichentest

- Haus-Baum-Test

- Sceno-Test

- Fabel-Tests
- Satzergänzungs-Tests
- Fragebogen und Angst-Skalen nach Zung
- Fragebogen und Depressionsskalen nach Hamilton oder Bojanovsky

- Fragebogen und psychiatrische Beurteilungsskala nach Wittenborn  oder AMDP-System 

- Fragebogen und Befindlichkeits-Skala von v. Zerssen

- Eigenschaftswörterliste von Janke von Janke und Debus
usw.

 

Weitere Testverfahren / Übersicht

leipniz-psychology.org  (geordnet nach Inhaltsbereichen)

leipniz-psychology.org  (geordnet nach Kurznamen)

 

Testzentrale: 

Hogrefe Verlag GmbH & Co. Göttingen, Germany

testzentrale.de

 

Testkonzepte

(z.B. ib reality view & proof concept = kein (einzelner) Test, sondern ein eignungsdiagnostisches Gesamt-Konzept, das sich aus unterschiedlichen innovativen Tests und Testphasen sowie Simulationen und Simulationsphasen zusammensetzt.

 

Weitere Infos:
Wissen Eignungsdiagnostik Teil 1: Eignungsdiagnostik (Grundlagen / Ansätze)
Wissen Eignungsdiagnostik Teil 2: Psychologische Eignungsdiagnostik
Wissen Eignungsdiagnostik Teil 3: Psychologisches Eignungstests
Wissen Eignungsdiagnostik Teil 4: Was taugen psychologische Eignungstests

Wissen Eignungsdiagnostik Teil 6: Das ib reality view & proof concept